Offener Brief an die Ampel

-Koalitionsverhandlungen von SPD, Die Grünen und FDP

Sehr geehrte Frau Esken, Frau Baerbock, Herr Scholz, Herr Walter-Borjans, Herr Klingbeil, Herr Habeck, Herr Lindner, Herr Kellner, Herr Wissing,

seit Menschengedenken haben Eltern den Wunsch, dass es Ihren Kindern später einmal gut gehen möge, sie ihr Leben in Gesundheit und Glück gestalten können. In unendlich vielen Lebensgeschichten ziehen Eltern ihre Motivation, auch belastende Schicksale zu meistern, aus der tiefen Überzeugung, für ihre Kinder da zu sein, die es einmal „besser haben sollen, als wir“.

Je deutlicher sich die Folgen der menschengemachten Klimakrise weltweit und bei uns zeigen und je öfter sich die Regierungen der Welt, Deutschlands und der deutschen Bundesländer als mutlos oder ignorant im Hinblick auf konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung der Ursachen der beginnenden Klimakatastrophe erweisen, umso verzweifelter werden wir Eltern.
Der Weltklimagipfel in Glasgow ist wieder mit Absichtserklärungen zu Ende gegangen. Konkrete Maß-nahmen? Ausreichende Finanzierung? Sanktionierung bei Verfehlen von selbstgesteckten Klimazielen? Alles zu wenig.

Bis 2022 sollen die beteiligten Länder ihre bislang unzureichenden Klimaschutzpläne nachschärfen, das bleibt aber freiwillig. Betrachtet man die aktuellen konkreten Ziele bis 2030 aller Ländern, dann steigen die Emissionen bis dahin sogar weiter an (plus 13,7 %). Daran ändert der „Glasgow-Pakt“ erst einmal nichts.

Wir sehen halbherzige Zugeständnisse und Ziele, deren Nichteinhaltung ohne Konsequenzen bleiben werden. António Guterres, UN-Generalsekretär, kommentiert die Abschlusserklärung der COP26: „It’s not enough. It’s time to go into emergency mode.“ Wie sähen wohl unsere Familien aus, wenn wir Eltern unserer Verantwortung so wenig nachkämen, wie es die „Klimapolitiker*innen“ in ihrem Verantwortungsbereich tun?

Fassungslos hören wir von der scheidenden Bundeskanzlerin, es sei weiter wichtig, dass die jungen Leute „Druck machen“ – in den Ohren unserer Kinder kommt an, dass sie die enorme Verantwortung für die Einhaltung des 1,5 Grad-Limits tragen! Ungläubig erreicht uns Ihr Appell, Frau Baerbock und Herr Habeck, dass Sie Paris-konformen Klimaschutz in den Koalitionsverhandlungen nicht erreichen und daher NGOs zur Unterstützung aufrufen.

Wir sind schockiert, dass Sie, Herr Scholz und Ihre Genossinnen und Herr Lindner und Ihre liberalen Mitstreiterinnen, als Verhandlungsführer der SPD und der FDP immer noch meinen, die Erderhitzung und die damit verbundenen Gefahren für uns Menschen seien Verhandlungsmasse, die gegen Zugeständnisse in anderen Politikfeldern eingetauscht werden können.
Unser aller Lebensgrundlagen stehen auf dem Spiel und Sie im Berliner Verhandlungsraum feilschen um Tempolimit, jedes Jahr der Kohleverbrennung, jeden Meter des Ausbaus von Solar- und Windenergie, jeden Euro, der sinnlos in imaginierte Zukunftstechnologie investiert werden soll, die uns dann – keiner weiß wie – 2045 die Klimaneutralität bringen soll. Was ohnehin schon zu spät wäre.

Digitalisierung und Entbürokratisierung, Schlagworte der FDP zur Förderung von technischen Innovationen, können nicht ohne Beachtung sozial gerechter Ausgleichsmaßnahmen zu einer gesellschaftlich akzeptierten, klimafreundlichen Transformation beitragen. Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit müssen zukünftig gemeinsam mit ökonomischen Aspekten zu einer Kennzahl für den volkswirtschaftlichen und gemeinwohlorientierten Erfolg stehen. Ohne gesellschaftliche Solidarität und einen gesamtgesellschaftlichen Aufbruch, werden wir die enormen Herausforderungen eines effektiven,
Paris-konformen Klimaschutzes nicht bewältigen.

Wir Eltern wissen, dass wir mit „Augen zu und durch“ und „es wird schon irgendwie gut gehen“ nicht gut beraten sind. Und wir würden uns in unserem privaten Bereich einmal wünschen, so viele Möglichkeiten der Zukunftsgestaltung zu haben, wie Sie es gerade für unser Land und für Europa haben.

Nach Corona müssen die zur Verfügung stehenden Mittel zur wirtschaftlichen Wiederbelebung konsequent am Klimaschutz ausgerichtet werden – in Deutschland und in Europa. Sie haben es in der Hand, die fossilen Subventionen zu beenden, Sie können jetzt das CO2-Budget, das uns Deutschen und den Europäer*innen bleibt, klar benennen und Ihre Politik danach ausrichten. Sie sind es, die den Rahmen dafür schaffen können, eine beispiellose Wind- und Solarinitiative zu starten und das Zulassungsende des Verbrennermotors klimagerecht zu datieren. Und nicht zuletzt sind Sie es, die dafür die Verantwortung tragen, dass all diese Veränderungen sozial gerecht gestaltet werden.

Wir Eltern nehmen unsere Verantwortung für unsere Kinder ernst, weil wir uns dafür entschieden haben. Und weil wir unsere Kinder lieben.

Sehr geehrte Verhandler*innen der Ampelkoalition, werden Sie sich endlich Ihrer Verantwortung für unsere Kinder und für die kommenden Generationen bewusst und nehmen Sie sie so ernst, wie wir es tun. Lassen Sie uns gemeinsam eine zukunftsfähige, klimagerechte Welt bauen, in der wir wieder motiviert sagen können, dass wir alles dafür tun, dass es unseren Kindern einmal gut ergehen soll, wenn nicht gar „besser als uns“.

Mit freundlichen Grüßen
Markus B.
für Parents for Future Köln

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2 Kommentare

  1. Was kann ich seriös von unseren Politiker_innen erwarten? Klare Antworten und Engagement für Problemlösungen. Zahlreiche Expert_innen und Wissenschaftler_innen liefern die notwendigen Fakten zur Begrenzung der CO2-Emissionen und der Erderwärmung, und Politiker_innen haben die Macht die gesetzliche Regelungen dazu festzuschreiben. Dafür sind alle parteiübergreifend verantwortlich.

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