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Offenheit im Widerstand  – Vom Interdiskurs zum Gespräch

Offenheit im Widerstand

Ich bin heute Morgen, beim scrollen durch social Media auf einen Artikel einer Freundin gestoßen, der mich zum Nachdenken gebracht hat:

Das Brandmauer-Dilemma: Widerstand als Zugehörigkeitskrise

. Der Spagat zwischen Brandmauer und Abgrenzung einerseits und Offenheit für Gespräche andererseits, um eine Spaltung und Verhärtung der Positionen zu mindern. Wie muss die Brandmauer beschaffen sein und wo muss sie stehen? Politisch und institutionell eine klare Grenze ziehen und dennoch sich persönlichen privaten Gesprächen nicht verschließen. 

Sprache ist unser vorrangiges Kommunikationsmittel, sie gestaltet unseren Austausch und beeinflusst unser Denken. Denken ohne Sprache ist nicht möglich. Wie muss unser Sprechen beschaffen sein um andere Menschen zu erreichen und ein offenes Gespräch zu ermöglichen, in dem nicht ausschließlich resolut die eigenen Positionen dargestellt werden, eh wütend oder enttäuscht für das Unverständnis und die Sturheit der anderen Person einander der Rücken zugewandt wird. 

Es sind die unterschiedlichen Blasen, in die wir uns zurückziehen und die in Gesprächen aufeinanderprallen. Michael Foucault hat mit seiner Theorie der Diskursanalyse Literatur als Interdiskurs bezeichnet, als Vermittler zwischen den einzelnen Spezialdiskursen. Das lässt sich auf das Phänomen übertragen, was wir heute als Blasen bezeichnen. Oder anders ausgedrückt sagt Thees Uhlmann: „ Nazis erreicht man eher mit einem schönen Gedicht, als mit einem politischen Lied“. Aber wie kommt das Gedicht zu ihm, frage ich mich? 

Dennoch bin ich überzeugt, dass Literatur, Kunst, Kultur es schaffen kann Gesprächsräume zu öffnen und zugleich steht sie selbst vor dem „Brandmauer-Dilemma“, ebenso für dem Problem Menschen außerhalb der „Blase“ zu erreichen. 

Die Theorie ist schön und gut und wichtig. In der praktischen Umsetzung für uns als Klimabewegung gestaltet es sich schwieriger. Und auch aus dem Privaten kenn ich und ihr vermutlich auch das Problem ein Gespräch zu gestalten, statt sich abzuwenden. 

Als Klimabewegung haben wir gehofft, dass wenn wir nur nüchtern die Fakten nennen, dass wir damit doch Menschen erreichen müssten. Die Fakten sind doch offensichtlich, sie müssten nur bekannt sein. Nun, sie sind es. Aber der Mensch ist halt nicht nur Vernunftswesen, sondern ein komplexes Wesen aus Vernunft uns Sinnlichkeit, mit Ängsten und Hoffnungen. Wie also den Menschen als Menschen ansprechen? Hier liegt meiner Meinung nach ein elementarer Schritt, den Menschen als Menschen ansprechen, um ein offenes Gespräch zu ermöglichen und hier liegt zugleich das Problem, denn beide Gesprächspartner*innen müssen sich dazu natürlich als Menschen begegnen und in ihrer Ganzheit anerkennen.   

Literatur, Kunst, Kultur spricht auch immer die Sinne, die Sinnlichkeit der Menschen an. Literatur als Interdiskurs – wie können wir sie nutzen, ohne sie einfach zum Mittel zum Zweck zu machen, sondern ihre Eigenständigkeit zugestehen? Das Literatur relevant und wirkmächtig ist, dazu reicht ein Blick (zu gegeben ein etwas längerer Blick) in die Literaturgeschichte, in der sich immer wieder Wechselverhältnisse zwischen der konkreten historischen, politischen Situation und auch ihren Krisen und der jeweiligen Literatur ablesen lassen. Diese Verschränkungen in der Arbeiterbewegung greifen Bruno Labour und Nikolaj Schulz auf, in ihrem Memorandum „Zur Entstehung einer ökologischen Klasse“. 

Bleibt immer noch die Frage nach der konkreten praktischen Umsetzung und der Frage wer wie wirklich erreicht wird. Wenn ich mich im Theater umschaue, oder bei einer Lesung, wo die Klimakrise implizit oder explizit auch Thema ist, dann sitzen dort zum großen Teil Menschen, die ich schon für sensibilisiert halte, dann wird sich in anschließenden Gesprächen Gegenseitig kurz auf die Schulter, weil mensch auf der „richtigen Seite“ steht und mensch genießt diese eigenen Selbstversicherung. Aber wir können nicht in die Köpfe der Menschen schauen, wir schreiben ihnen eine gewisse Positionierung zu, ohne es wirklich zu wissen. 

Und jetzt schließt sich der Kreis zu dem eigenen erwähnten Artikel, Literatur, Kunst, Kultur kann vielleicht ein Ansatzpunkt sein, über den Menschen mit gegensätzliche Positionen ins Gespräch kommen, kann Gespräche öffnen. Vielleicht. Entscheidend ist, und das ist eventuell das wirksamste Handlungsinstrument von uns Einzelnen in Bezug auf die Klimakrise, dass wir miteinander sprechen, auch über die eigenen „Wohlfühl“ -Bezugsgruppe hinaus. 

Den Gedanken, dass Kunst, Literatur, Kultur relevant sind, um zu verbinden und Menschen vielfältig zu erreichen, haben wir für unsere praktische Arbeit als Ortsgruppe aufgegriffen und Veranstalten am 21.09.24 eine Lesung mit Musik zur Kölner Klimawoche.

Wir freuen uns, wenn du vorbeikommst. Einlass ist ab 18:00 Uhr im Kölner Literaturhaus, Beginn ist um 18:30. Der Eintritt ist frei. Wenn du uns mit einer Spende unterstützen möchtest, freuen wir uns natürlich. 

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