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System Change, Not Climate Change

Fordert „System Change, Not Climate Change“ tatsächlich die Abschaffung von Demokratie und Rechtsstaat? Nein, es geht um die Überwindung einer deregulierten kapitalistischen und ökologisch erwiesenermaßen nicht nachhaltigen Lebensweise.

Die physischen Grenzen der Belastbarkeit der natürlichen Ressourcen sind erreicht – die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Klimakrise, zum Artensterben usw. zeigen dies mittlerweile sehr deutlich. Spätestens seit der Club of Rome 1972 darauf hingewiesen hat, dass unendliches Wachstum auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen nicht möglich ist, wissen wir, dass wir mit der praktizierten Lebensweise des „Immer-mehr“ scheitern werden. Der letzte IPCC-Bericht hat darauf hingewiesen, dass die aktuelle Ausgestaltung des wirtschaftlichen Systems nicht in der Lage ist, die Klimakrise im notwendigen Ausmaß zu bekämpfen.

Das weltweit praktizierte System des globalen Warentauschs führte in den letzten Jahrzehnten zu enormen Warenströmen mit entsprechendem fossilen Rohstoffeinsatz für den Transport, menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in den Ländern, die jetzt schon unter den Klimakrisenfolgen am meisten leiden und zu Monokulturen, z.B. für die Futtermittelindustrie, die natürliche CO2-Senken (z.B. Urwälder) zerstören – um nur einige Beispiele zu nennen.

Wenn wir die Treibhausgasemissionen drastisch senken wollen, können wir nicht nur auf die deutsche (europäische) Umstellung von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien setzen, sondern müssen auch darauf achten, dass die regionale Kreislaufwirtschaft gestärkt wird, die Massentierhaltung zumindest deutlich reduziert wird und nicht alles, was technisch und ökonomisch zum Vorteil von Produzenten hergestellt werden kann, auch hergestellt und konsumiert werden sollte. Wenn wir aber auf Fast Fashion, Billigimporte aus Asien und Soja-Kraftfutter aus Brasilien verzichten wollen – weil es für einen effektiven Klimaschutz notwendig ist -, dann müssen wir gleichzeitig dafür sorgen, dass es in den Regionen, die wir wirtschaftlich von unserem Konsum abhängig gemacht haben, zu einem sozial verträglichen Wandel kommen kann. Und dass lässt sich mit neoliberalen Wirtschaftsweisen nicht mehr herstellen. Das allerdings ist die wenig erfolgversprechende Geschichte des „grünen Wachstums“.

Effektiver Klimaschutz braucht also mehr, als „nur“ eine Umstellung der Stromproduktion. Die eben etwas plakativ beschriebenen notwendigen Veränderungen sind zusammen genommen das, was wir immer als „umfassende Transformation“ beschreiben. Sie kann nur gelingen, wenn sie sozial und kulturell gerecht ist (sowohl bei uns im Ausgleich zwischen Arm und Reich als auch weltweit im Ausgleich zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden), sonst führt sie zu sozialen Unruhen, Verteilungskämpfen und kriegerischen Auseinandersetzungen.

„System Change“ heißt also, die Reduzierung und Abschaffung der Verbrennung fossiler Brennstoffe in einem größeren – wenn nicht dem größtmöglichen – Rahmen zu denken. Die Zeiten des „Immer-mehr“, des Überkonsums, des Verbrauchs von mehr natürlichen Ressourcen als nachwachsen können, sind vorbei. Unser aktuelles Wirtschaftssystem ist aber auf gerade diese enormen Wachstums- und Konsumraten angewiesen. Wenn wir also wissen, dass die Art, wie wir wirtschaften und konsumieren das Klima weiter zerstört oder zumindest effektiven Klimaschutz derart verlangsamt, dass wir jedes noch so günstig gerechnete THG-Budget reißen, müssen wir uns umstellen, müssen wir etwas anders machen. Wir müssen das System ändern – eben „System Change“.

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