Safer Internet

Safer Internet

In den vorangegangene MUST HAVEs geeing es überwiegend um Haltung und Habitus und darum diese zu Reflektieren. Das heutige Tool ist praktischer Art und Alltagsnah, denn wir benutzen es täglich, du gebrauchst es jetzt gerade in diesem Moment. Der Titel sagt es schon, es geht um Internet und wie wir es für uns sichererer nutzen können.

Die großen Internetplattformen bieten Ihre Angebote nicht umsonst an. Du zahlst mit Deinen Daten. Die werden dann im Paket verkauft.

„Ich hab doch nichts zu verbergen“

Was ist, wenn die falsche Partei in eine Regierungsverantwortung kommt? Und anhand Deiner freiwillig gespendeten Daten guckt, ob Du auf eine Demo für unsere Demokratie warst? Oder Du besuchst XYZ, was Deine Familie vielleicht nicht so toll findet? Oder…

Konkret aus Köln: Mehrere Menschen aus unserem Umfeld berichteten, dass sie auf dem Weg zu oder von einer Demo in Köln vom Team Blau angesprochen wurden: „Du warst in Essen, am Gürzenich und in Widdersdorf. Wir haben Dich im Auge.“

Die großen Internetplattformen handeln mit Standortdaten. Das ist nicht nur für Menschen aus der Klimabewegung ein Problem:

Der Handel mit Standortdaten ist ein Risiko für Militäreinrichtungen: Recherchen von BR und @netzpolitik_feed mit dem US-Medium @WIRED zeigen, dass Standortdaten das Ausspähen von Militärstützpunkten in Deutschland ermöglichen können.

In Sicherheitskreisen geht man davon aus, dass fremde Nachrichtendienste Standortdaten einsetzen, um Kontakte zu Zielpersonen anzubahnen und Anknüpfungspunkte zu finden.

BR: Handel mit Standortdaten – Risiko für Militäreinrichtungen

Was tun?

Wie kannst Du Dich besser schützen? Wir haben ein paar erste Ideen zusammen getragen. Was machst Du? Bitte schreib uns in die DruKos, wir werden den Artikel dann fortlaufend ergänzen.

Userin "Affi" wird von einem Gertenzwerg mit Angel eine Möhre vor die Nase gehalten, damit wertvolle persönliche Daten abgefischt werden können. Affi hat sich gleich doppelt geschützt: - das Telefon ist in einer Latexhülle verpackt - vor üblen Möhren schützt eine bunte Maske
Userin „Affi“ wird von einem Gertenzwerg mit Angel eine Möhre vor die Nase gehalten, damit wertvolle persönliche Daten abgefischt werden können. Affi hat sich gleich doppelt geschützt:
– das Telefon ist in einer Latexhülle verpackt
– vor üblen Möhren schützt eine bunte Maske

Bei der Recherche zu diesem Artikel sind wir im Fediverse zufällig über den Beitrag von KubikPixel gestolpert. Hier wird uns die Seite PRIVA SCORE empfohlen. Sie wird von Dr. Felix Sühlmann-Faul (Digitalexperte und Autor z.B. Der goldene Käfig des Digitalkapitalismus) betrieben.

Hier findest Du eine Datenschutz-Ampel für Apps.

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Werkzeugkasten für eine sicherere Internetnutzung (unvollständig)

  • Nutze einen Browser, der unliebsame Werbung und Trackingcodes blockt. Oder Erweiterungen zulässt, die das tun. Testsieger von PRIVA SCORE sind Mozilla Firefox, der TOR Browser, Brave und Duck Duck Go (für Android). Klares Finger weg von Google Chrome.
  • Stelle die Sicherheitseinstellungen im Browser so hoch wie möglich ein.
  • Blockiere die Nachverfolgung und Werbung durch eine Browsererweiterung. Bei Mozilla Firefox empfielt sich Beispielsweise uBlock Origin. YouTube Tracking und Werbung wird von dieser Erweiterung z.B. wirksam unterbunden. Da YouTube genau wie Google zum Alphabetkonzern gehört und mit Deinen Daten Geld gemacht wird ist es recht naheliegend, warum solche Erweiterungen bei Google Chrome nicht mehr geduldet werden.
  • Vermeide Datensammelwut auf Deinem Cellphone oder Tablet über eine simple DNS-Einstellung oder nutze entsprechende Tools. Wie das sehr einfach und flott von der Hand geht findest Du im Beitrag von Mike Kuketz. Die Menüs bei Android sind gewandert, rufe „Einstellungen“ auf und suche „DNS“.

Ein Beispiel: Verhalten der Datenkrake YouTube beim Abspielen eines Videos. Ohne VPN und ohne Blocker fischen über hundert Skripte nach Deinen Daten. Die Fediversealternative PeerTube schneidet deutlich besser ab: beim Videogucken wird nicht getrackt.

Bildschirmfoto vom Kölle for Future Peer Tube Kanal mit 24 Videokacheln Im Vordergrund: Vergleich des unterdrückten Trackings via uBlock Origins für YouTube mit (24) und ohne VPN (129) sowie PeerTube ohne VPN (0)
Bildschirmfoto vom Kölle for Future Peer Tube Kanal mit 24 Videokacheln Im Vordergrund: Vergleich des unterdrückten Trackings via uBlock Origins für YouTube mit (24) und ohne VPN (129) sowie PeerTube ohne VPN (0)
  • Nutze wenn möglich eine VPN-Verbindung, um Dich vor Standortnachverfolgung zu schützen.
  • Vermeide Apps wie WhatsApp, Instagram, YouTube & co. auf Deinem Telefon / Tablet. Nutze stattdessen einen Browser mit Schutzfunktion. Die Apps verlangen i.d.R. einen sehr weitreichenden Zugriff auf Dein Gerät.
    Mit Deinen Daten, Bildern, Standorten, Bewegungsverlauf usw. werden die Konzern-KIs trainiert und Deine Daten werden verkauft (siehe Beitrag des Bayrischen Rundfunks).
    Falls Du solche Apps nicht vermeiden kannst oder willst: prüfe regelmäßig die Zugriffseinstellungen. Vor allem: muss jedes Mal aufgezeichnet werden, wohin Du Dich bewegst?
  • Die Messenger-Matrix hilft ggf. bei der Auswahl.

Viele Apps auf unseren Handys bestimmen Standorte – so lassen sich beispielsweise Fahrtrouten bequem berechnen. Das Problem: Plattformen im Internet bieten diese Daten zum Verkauf an. Wir konnten über solche frei verkäuflichen Daten mehrere Mitarbeiter von Ministerien und Nachrichtendiensten identifizieren:

https://www.br.de/fernsehen/das-erste/sendungen/report-muenchen/videos-und-manuskripte/standortdaten-spionagerisiko-innere-sicherheit100.html
Post by @FediTips@social.growyourown.services
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Die Verwendung von VPN und Tor-Browser entschleunigen Dein Internet. Alles geht etwas genügsamer zu. Das mag sich am Anfang ungewohnt anfühlen, ein hohes Schutzniveau resultiert in einem langsameren Netzkonsum. Vielleicht ist das auch ein Gewinn? 

Hintergrund

Joan Westenberg beschreibt in einer Artikelserie Anfang September 2024, dass das Internet als großer Gleichmacher einst mit dem Versprechen einer Renaissance von Demokratie und Freiheit einher ging.

In den Anfängen des World Wide Webs schien Wissensverbreitung keine Grenzen zu kennen, es gab zahlreiche Bürger*innenjournalismusseiten, Basisbewegungen organisierten sich über das Web oder Technologien wurden als Werkzeuge der Befreiung gefeiert.

Leider sei die Utopie einer digitalen Allmende einem Alptraum gewichen:

  • Tech-Giganten beherrschen heute das Netz, Ihr Einfluss ist stärker als Nationalstaaten.
  • Deine persönliche Daten werden in einem noch nie dagewesenen Ausmaß gesammelt, oft ohne Zustimmung.
  • Das Internet wird heute bereits in vielen Fällen als Werkzeug der Kontrolle eingesetzt.
  • Zwischen Medien – ganz gleich ob klassische Presse oder „sozialen“ Medien – und Publikum gäbe es eine toxische Symbiose.

Die relevanten Themen, die unser Leben massiv beeinflussen, verlören durch einen substanzlosen Zuckerrausch des Medienkonsums an Bedeutung. Die monetarisierte Aufmerksamkeitsökonomie beschäftigt uns mit Nebensächlichkeiten, Häme über den neuesten Fauxpas oder Streit über den letzten „Gotcha“-Moment.

Artenschwund, Klimaerhitzung, Einkommensungleichheit, bröckelnde Infrastruktur – das sind heute leider keine sexy Themen, die das Engagement ankurbeln. Aber sie sind diejenigen, die unsere Zukunft bestimmen werden. Sie gehen in der endlosen Kakophonie von Empörung und Gegenempörung nahezu unter.

Samira El Ouassil berichtet Im Oktober von einem Post-Truth-Nihilismus: ein Nihilismus, der sich grundsätzlich nicht mehr für Wahrheiten interessiere. Eine diskursive Entwicklung, in der Rationalität nicht gewollt oder gar verhindert wird, zugunsten einer monetarisierbarer Irrationalität.

Quellen

Joan Westenberg

This toxic symbiosis between the media and its audience has created a political discourse with the nutritional level as a diet of pure cotton candy. It’s all sugar rush and no substance. We’re so busy arguing over the latest gaffe or gotcha moment that we’ve lost sight of the actual issues that affect our lives.

The Political Media Dumpster Fire: How We Got Here and Why It’s Worse Than You Think, September 2024

The utopian vision of a digital commons has given way to an outlook dominated by tech giants whose influence rivals that of nation-states. Personal data is harvested on an unprecedented scale, often without meaningful consent. Meanwhile, the digital divide has grown, creating new forms of inequality between the connected and the disconnected.

We’re forced to confront an uncomfortable fucking truth: the technologies we embraced as instruments of liberation have, in far too many ways, become tools of control.

The dream of a tech-powered democratic world hasn’t vanished. Not yet. But it has been complicated, fucked and dragged through the mud by the realities of our digital present.

Joan Westenberg: How Technology Empowers Authoritarians and Autocrats, September 2024

Die weltweiten Wildtierpopulationen sind in den letzten 50 Jahren um durchschnittlich 73% zurückgegangen, da der Mensch Ökosysteme weiterhin an den Rand des Kollaps treibt:

WWF, LIVING PLANET REPORT 2024, https://livingplanet.panda.org/en-GB, September 2024

In Deutschland wurde der Steuersatz der Multimillionäre und -milliardäre in den vergangenen dreißig Jahren halbiert, während er für Sie und mich auf im Schnitt 43 Prozent gestiegen ist. Den reichsten fünf Prozent gehört bereits die Hälfte des Vermögens im Land.

Fred Grimm, Eine Million reicht völlig, Oktober 2024

Die Welt ist auf Kurs auf Erwärmung um 2,7 Grad, ergibt „2024 State of the Climate Report“. „Wir werden da keine Trendumkehr schaffen, außer die Menschen in den Demokratien wählen sie auch“, sagt Stefan Rahmstorf @rahmstorf @PIK_climate im DLF-Interview. Es gebe aber eine sehr große Lobbymacht der Energiekonzerne, die Klimaschutz sabotieren. Bei den jährlichen Klimagipfeln stehe nicht einmal klar im Abschlussdokument, dass wir aus fossilen Energien aussteigen müssen.

Georg Ehring, Oktober 2024
The 2024 state of the climate report: Perilous times on planet Earth, Oktober 2024

Im Unterschied zu früheren Zeiten wählen wir unsere bevorzugten Erzählungen nicht mehr primär aus religiösen Gründen, sondern suchen uns häufiger aus einem stark tribalistischen, »politischen« Impuls heraus eine maßgeschneiderte Realität. Dabei bewahren wir unsere Illusion, dass wir die Wahrheit kennen, während wir in Wirklichkeit nur die Bestätigung für das suchen, was wir ohnehin schon glauben.

Eine demokratisch organisierte Gesellschaft benötigt eine Öffentlichkeit, in der alle sich informieren und gemeinschaftliche Herausforderungen erörtert werden können. Für diesen Emanzipationsprozess muss der Gebrauch der Vernunft möglich gemacht werden – und somit eine diskursive Entwicklung politischer Rationalität. Aber was geschieht, wenn diese diskursive Entwicklung politischer Rationalität nicht gewollt oder gar verhindert wird, zugunsten einer monetarisierbarer Irrationalität? Und was wäre, wenn uns das auch noch egal wäre? 

Samira El Ouassil: Der gesellschaftliche Konsens wird verunmöglicht

Hinter den glänzenden Oberflächen der Konzerne, hinter vermeintlichem Erfindungsgeist und kostenlosen Geschenken lauern Gefahren, besonders wenn es um unsere Demokratie, Gesellschaft und unsere Privatsphäre geht. Denn bezahlt wird der Zauber mit unseren persönlichen Daten, die zum Kapital der Zukunft geworden sind.

Felix Sühlmann-FaulDer goldene Käfig des Digitalkapitalismus – Nichts kostet mehr als kostenlos

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6 Kommentare

      1. Ergänzt im Artikel:

        Vermeide Datensammelwut auf Deinem Cellphone oder Tablet über eine simple DNS-Einstellung oder nutze entsprechende Tools. Wie das sehr einfach und flott von der Hand geht findest Du im Beitrag von Mike Kuketz. Die Menüs bei Android sind gewandert, rufe „Einstellungen“ auf und suche „DNS“.

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