Kapitalismus vs. Klimagerechtigkeit, und nun?
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von Anne P4F
Was ein kleiner Beitrag zum Thema „Kapitalismus vs. Klimagerechtigkeit“ für eine Gedankenkette ausgelöst hat. Vielleicht nicht nur bei mir, sondern auch bei euch. Und nun?
Ein paar (vorerst ;-)) letzte Zeilen hierzu und dem, was ich persönlich für fundamental wichtig halte, die Tiefengeschichte die uns prägt, in unserem (ökonomischen) Denken, als einzelne, wie als Kollektiv.
Der Kapitalismus prägt unseren Alltag, unser Leben, unser Denken und Handeln auf fast allen individuellen wie gesellschaftlichen und politischen Ebenen. Darauf habe ich in jedem der Beiträge hingewiesen. Und auf die Erzählung, die eng damit verwoben ist. Ich bin nicht der Meinung, dass der Mensch ein „Homo oeconomicus“ ist, ich denken ehr, er ist ein „homo narrans“. Erzählungen sind Teil unserer Kommunikation und unserer Erinnerung, somit prägen sie unsere Begegnungen und Formen uns als Gesellschaft. Und sie sind wirkmächtig. Aus diesem Grund ist es unerlässlich, dass wir eine neue Erzählung finden, ein Narrativ, um gemeinsam Wege zu finden die notwendigen Veränderungen im Sinne der Klimagerechtigkeit umzusetzen. Ein Narrativ kann bewirken, dass wir diesen Veränderungen nicht mit Ablehnung entgegentreten, sondern mit Zuversicht.
Die wissenschaftlichen Fakten hinsichtlich der Klimakrise sind längst bekannt, aber bloße Fakten und abstrakte Zahlen erwirken noch keine direkte Veränderung im Handeln, obwohl sie Gründe genug liefern.
Wenn ich von einer neuen gemeinsamen Erzählung spreche, dann meine ich nicht Märchen, Mythen oder gar Verschwörungsideologien. Diese bieten vielleicht einfache Antworten, eine gemeinsame Erzählung, von der ich hier spreche, hat keine einfachen Antworten. Sie hat gar keine letzten Antworten, sie ist offen. Insofern ist sie auch eine Einladung an alle, mitzuschreiben, in unserer Alltagskommunikation genauso wie in einem Gedicht.
Es bedarf einer Erzählung, die nicht von Abgrenzung und Ausgrenzung, von einem ich vs. die anderen, einem ausspielen der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen handeln. Es braucht eine Erzählung, die plurale Lebensformen, Anerkennung und Freiheit abbildet und von (Klima)gerechtigkeit handlet. Eine Erzählung, die die Kraft hat, Veränderungen zu erwirken und diese als Chance darstellt. Eine Erzählung, die nicht von der Ökonomie geprägt ist, sondern den Blick auf die Menschen als Menschen lenkt und wir dadurch auch zu einer neuen Definition von Wohlstand gelangen, was unsere Arbeitsweisen und Produktionsweisen und unseren Konsum verändert und die planetaren Grenzen berücksichtigt. Eine Erzählung von Klimagerechtigkeit.
Diese Erzählung muss von unten heraus entstehen, in der Begegnung. Kunst und Kultur sind ein weiterer wichtiger Faktor, als Multiplikator dieser Erzählung, ohne jedoch die Kunst in Form von u.a. Literatur, bildender Kunst und Musik zu einem reinen Instrument der Erzählung zu degradieren.
Wie ist das möglich, wie kann eine Erzählung in unsere Kultur eingewebt werden? Bruno Labour und Nikolaj Schulz sprechen von der „Entstehung einer ökologischen Klasse“. Ich denke, mit einer solchen könnten wir selbstwirksam politisches Handeln erwirken und mit Hilfe eines Narratives die Gegensätze von Kapitalismus/Ökonomie vs. Klimagerechtigkeit auflösen. Unter Berücksichtigung Kants Autonomie des Menschen könnte ein Ansatz erdacht werden, der die Ökonomie in die Klimagerechtigkeit integriert.
Hierfür braucht es uns alle. Es braucht einen Erzählung von unten nach oben. Und mutige Menschen in Politik wie in Unternehmessführungen, die nicht die Erzählung nutzen um ihr Handeln zu legitimieren, sondern, die ihr Handeln an der Erzählung, an Klimagerechtigkeit ausrichten.
Maßnahmen und Veränderungen werden zunächst nur lokal begrenzt stattfinden, aber sie haben Wirkung. Sie wirken nach außen, sie wirken als Vorbild und sind als solches Erfahrbar.
Ein Beispiel wär hier die Umgestaltung des öffentlichen Raums in Paris, oder auch die Radinfrastruktur Kopenhagen. Einzelnen Beispiele haben eine Strahlkraft, wenn wir von ihnen Berichten. Wenn wir mit unserer Erzählung neugiergig machen auf die Chancen, die Veränderungen mit sich bringen.
Denn Verändern wird sich die Welt in jedem Fall, wir haben die Chance diese Veränderung zu gestallten. Auch davon sollten wir erzählen.
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